Was hält Unternehmen davon ab, digitale HR Tools einzusetzen?
Die Corona-Situation hat dazu geführt, dass in den Unternehmen plötzlich Dinge funktionieren, bei denen es jahrelang geklemmt hat: Homeoffice, Videotelefonie, virtuelle Meetings, Personalrekrutierung ohne Präsenz etc. Der Personalbereich hat aktuell eine reelle Chance, an wichtigen Stellschrauben des Unternehmens zu drehen und eine wichtige gestaltende Rolle der Digitalisierung einzunehmen. Wer hätte das noch vor einem Jahr gedacht. HR ist gut beraten, diese Chance zu nutzen, und auch die Digitalisierung ihrer Personalarbeit voranzubringen.
Luisa Schuchard • 11.03.2021
Digitale Personalakten, mobile Personalarbeit, automatisiertes Bewerbermanagement, die Optimierung und Automatisierung von Prozessen sowie die damit verbundene zielführende Nutzung von Daten sollten mittlerweile in den Personalabteilungen auf der Agenda stehen, oder bereits umgesetzt sein.
Und dennoch sieht die Realität anders aus: Knapp die Hälfte aller Unternehmen haben immer noch keine ihrer Aufgaben oder Prozesse in der Personalabteilung digitalisiert.
Anspruch und Realität
Obwohl die Automatisierung von Prozessen bereits in vielen Unternehmensbereichen angekommen ist, arbeiten noch immer sehr viele HR-Abteilungen wie eh und je analog. Noch immer entfallen zwei Drittel der Personalarbeit auf administrative, einfach zu automatisierende Aufgaben. Lediglich ein Drittel der HR Kapazitäten fließen in die eigentlich wertschöpfenden strategischen und beratenden Tätigkeiten am internen Kunden. Die Lösung könnte einfach sein: Wir automatisieren einen größeren Teil der administrativen Prozesse und schaffen uns damit mehr Raum für die strategisch-beratenden Tätigkeiten am internen Kunden. Das klingt plausibel, passiert aber häufig nicht.
Warum Prozesse nicht automatisiert werden
Was hemmt ausgerechnet Personalabteilungen, sich mit digitalen Arbeitsweisen und Softwarelösungen auseinanderzusetzen und diese erfolgreich zu nutzen? Der Hauptgrund, weshalb Unternehmen keine Automatisierung ihrer Personalprozesse planen ist schlichtweg, dass sich noch niemand wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Das fand die forcont business technology gmbh in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in ihrer HR Studie 2020 heraus: Die Personaler hatten in der Vergangenheit eher Berührungsängste mit IT Themen und die IT Abteilung fühlte sich für die Automatisierung von Personalprozessen nicht verantwortlich. So sind die Themen liegen geblieben.
HR Tools - mehr als ein Trend
Dabei bieten digitale Tools und HR Software nicht nur die Chance, die Wertschöpfung der Personalarbeit zu erhöhen, es macht auch einfach Spaß, mal zu schauen, was alles schon automatisiert abgewickelt werden kann. Und der Bedarf ist riesig. Die Einführung geeigneter Software Lösungen gehört zu den wichtigsten HR Trends 2021, aus gutem Grund: Durch die Digitalisierung können viele Prozesse abgedeckt und effizienter gestaltet werden. Vernetzung und Standardisierung erleichtern bisher aufwändige Abläufe. Mittlerweile gibt es eine große Auswahl an HR-Software, die individuell auf die Unternehmen angepasst werden können, je nach Grad der angestrebten Automatisierung.
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis
Bereits in der Nutzerstudie zu HR Trends 2019 von Capterra hat die Mehrheit der Unternehmen angegeben, dass die hohen Kosten sie davon abhalten, HR-Software zu nutzen. Auch in der aktuellen HR-Studie 2020 von forcont business technology steht das vermeintlich unangemessene Verhältnis von Kosten und Nutzen mit 38 % weit oben auf der Liste der Ablehnungsgründe. Allerdings planen gleichzeitig 66 % der Unternehmen mit automatisierten Prozessen die Kosten der Personalprozesse zu senken. Klingt paradox.
Häufig werden die langfristigen Vorteile, die die Nutzung von HR-Software mit sich bringt, nicht gleich erkannt. Im Vordergrund steht zunächst der Mehraufwand, der damit verbunden ist. Vielleicht ist auch hier wieder die Scheu zu groß, etwas Neues auszuprobieren, wenn die bisherigen Prozesse funktionieren. Leider werden dadurch oft die Chancen und vor allem die späteren längerfristigen Vorteile übersehen. Hier lohnt es sich, einmal durchzurechnen, welche Kosten effektiv durch den Einsatz einer Software eingespart werden könnten. Auch die potentielle Zeitersparnis wird häufig nicht berücksichtigt, was uns zum nächsten Punkt bringt.
Zu wenig Zeit?
Eine Softwareeinführung kostet Zeit, je nach Aufwand zwischen vier und zehn Monaten. Handelt es sich um ein besonders umfangreiches Projekt, wie zum Beispiel die Einführung einer digitalen Personalakte, so kann das Ganze auch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Das hält knapp jedes vierte Unternehmen davon ab, sich an das Thema Digitalisierung der Personalprozesse heranzuwagen. Denn diese Zeit muss zusätzlich zum Tagesgeschäft investiert werden. In der Regel werden keine zusätzlichen Stellen geschaffen, um Prozesse zu optimieren und HR Tools nachhaltig zu implementieren. Hier gilt es zu priorisieren und Freiräume zu schaffen. Personalarbeit kann einen strategischen Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten, muss sich davon aber von administrativen Aufwänden mehr und mehr verabschieden. Dies muss auf Seiten der Unternehmensführung verstanden und aktiv unterstützt werden.
Corona als Chance
Bedingt durch die Corona-Pandemie werden neue Arbeitsprozesse in Unternehmen eingeführt, Prozesse verschlankt und die Digitalisierung zwangsläufig weiter vorangetrieben. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und vor allem digitale Tools haben inzwischen einen festen Platz im Arbeitsalltag vieler Unternehmen. Diese Chance gilt es zu nutzen, um die Digitalisierung der Personalarbeit weiter voranzutreiben, so dass sie ihr volles Potenzial entfalten kann. HR kann hier extrem gestärkt als Treiber des digitalen Wandels in Erscheinung treten. Manchmal braucht man lediglich einen Anstoß und jemanden, der einen an die Hand nimmt.
Mehr zu unseren Beratungsleistungen im Bereich Digitalisierung von Personalprozessen gibt es hier: www.betterhr.de
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