Pandemie vorbei und dann? Die Rolle von HR nach Corona
Es führt kein Weg zurück, so viel ist den meisten klar. Was uns die Corona Pandemie an Digitalisierungs-Turbo beschert hat, kann nur partiell wieder zurückgenommen werden. Viel zu deutlich wurde in den vergangenen Monaten, wie viel Zeit und Ressourcen eingespart werden können, wenn Automatisierungen und digitale Strukturen die Oberhand gewinnen. Der ökologische Faktor ist beachtlich. Nichtsdestotrotz müssen aus der Krisenbewältigung Strukturen und Maßnahmen folgen, die langfristig alle dazu befähigen, in einer hybriden Arbeitswelt zu bestehen.
Anja Dehghan • 15.06.2021
Viele der Herausforderungen, vor die uns das vergangene Jahr gestellt hat, haben Unternehmen mehr oder weniger mit Bravour gemeistert. Digitale Besprechungen und Arbeitsgruppen, virtuelle Stellenbesetzungen oder das online Teilen und Bearbeiten von Dokumenten waren zunächst Neuland, wurden aber nach anfänglichen Schwierigkeiten immer souveräner gehandhabt. Dennoch haben all diese Entwicklungen in einer Art Ausnahmezustand stattgefunden, denn notwendige Beschränkungen haben viele Unternehmen mehr oder weniger in eine virtuelle Arbeitsrealität gezwungen. Nun ist es Zeit sich zu überlegen, nach welchen Spielregeln zukünftig Zusammenarbeit erfolgen soll und was dafür nötig ist.
Zwei Tage Home, drei Tage Office
Die meisten Büroangestellten können sich perspektivisch vorstellen, drei Tage die Woche aus dem Büro zu arbeiten, am liebsten Montag, Dienstag und Donnerstag. Die zeitweise Arbeit von zu Hause steigert nachweislich die Produktivität, das hat Microsoft in einer breit angelegten Studie herausgefunden. Allerdings sorgte die verstärkte Virtualität dafür, dass zwar Teams untereinander sehr viel mehr Nähe aufbauten, allerdings eher unter sich blieben, was wiederum das Silo-Denken befördert hat. Auch die Erschöpfung nimmt zu, da die Arbeitsbelastung steigt und Pausen insgesamt reduziert wurden. Wenn zwischen zwei Meetings keinerlei Wege mehr zurückgelegt werden müssen, führt das dazu, dass noch mehr Termine in einen Tag passen. Auch das ständige Videotelefonieren führte immer mehr zu einer “Zoom Fatigue”.
So wie auch die Automatisierung von Prozessen im Unternehmen sorgfältig geplant und umgesetzt wird, sollte die hybride Zusammenarbeit grundlegend definiert werden. Damit aus der Verquickung von remote und Präsenzarbeit eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Beschäftigte wird, gilt es genau zu überlegen, welches Ziel mit der neuen Form der Zusammenarbeit verfolgt werden soll. Denn sobald Infektionsschutzmaßnahmen die virtuelle Arbeit nicht mehr länger zwingend erfordern, sollte klar sein, welche Vorteile sie mit sich bringt und wie sie nachhaltig umgesetzt werden kann. Wie kann zum Beispiel verhindert werden, dass Beschäftigte sich zu sehr isolieren? Es braucht eine gemeinsame Vision und Kultur, die Bindung erzeugt. Auch ohne, dass man sich jeden Tag im Büro trifft.
Neue Anforderungen an Kommunikation und veränderte Standards
Neben der Frage, wie Arbeit zukünftig organisiert werden kann, damit der Wechsel zwischen virtueller Zusammenarbeit und Präsenz gelingt, stellt sich die Frage nach den Anforderungen an Beschäftigte und Führungskräfte. Hybrides Arbeiten stellt ganz besondere Anforderungen an Führung. Wertschätzung und Steuerung können auch virtuell sehr gut gelingen, aber es müssen neue Standards definiert werden, was Kommunikation und Arbeitsabläufe betrifft.
Welche Erwartungen stellt das Unternehmen an die Beschäftigten? Hier ist Transparenz gefragt. Die veränderte Arbeitskultur bietet die Gelegenheit tradierte Regelungen zum Beispiel zu Arbeitszeiten oder Meetings zu überdenken. Braucht es wirklich jedes Meeting oder können auch auf anderem Wege alle im Bilde bleiben und Transparenz geschaffen werden? Wie zielführend ist eine Kernarbeitszeit von 9 bis 17 Uhr?
Ein neues Selbstverständnis von HR
HR kommt die Rolle zu, Veränderung anzustoßen und zu begleiten. Es stellt sich die Frage, welche Vorteile die virtuelle Arbeit mit sich bringt, die unbedingt bewahrt werden sollen, wie zum Beispiel zeitliche Flexibilität oder die Einsparung von Reisezeiten. Aber auch, welche Schwierigkeiten damit verbunden waren, vor welche Herausforderungen Beschäftigte und Führungskräfte gestellt wurden. Mangelnde Abgrenzung, Überforderung mit im Hinblick auf Selbststeuerung und -organisation, aber auch Isolation und Burn out sind regelmäßig Begleiterscheinungen der Arbeit “out of office”.
Ein gezielter Erfahrungsaustausch zwischen Führungskräften aber auch Beschäftigten ist nötig, um Standards zu definieren, wie Zusammenarbeit künftig gelingen kann. Dafür gibt es keine Blaupause, vielmehr entstehen diese Leitplanken vor dem Hintergrund der eigenen Unternehmenskultur und -strategie. Es müssen Regeln und Strukturen entworfen werden, die bindend sind und unternehmensweit Gültigkeit haben. Diese Veränderungen stellen Beschäftigte vor neue Anforderungen. Von jedem Einzelnen ist weiterhin Transparenz und die Bereitschaft zur Veränderung gefordert.
Viele Menschen haben in der Pandemie bewiesen, dass sie anpassungsfähig, stressresistent und belastbar sind. Nun sind Unternehmen gefragt, das Beste aus beiden Welten zu identifizieren, dieses zu standardisieren, umzusetzen und zu evaluieren. HR kann hier glaubhaft die Rolle des Change Managers übernehmen.
Mehr zu unseren Beratungsleistungen gibt es hier: www.betterhr.de
Photo Credit: RoadLight