Ein Chatbot als digitaler Schadensmanager
Klimawandel und zunehmende Extremwetter stellen Versicherer auch im Servicebereich vor neue Herausforderungen. Der Einsatz eines Chatbots als Schadensmanager hilft ihnen dabei, ein hohes Aufkommen an Kundenanfragen effizient zu managen
Matthes Bärwinkel • 29.07.2021
Dass mit dem Klimawandel ein häufigeres Auftreten von Extremwettern wie Starkregen, Sturm und Hitzewellen einhergeht, ist mittlerweile fest im öffentlichen Bewusstsein verankert. Was dies aber für einzelne Bereiche der Wirtschaft bedeutet, tritt dabei oftmals in den Hintergrund. Besonders spürbare Auswirkungen haben solche Ereignisse etwa auf die Versicherungsbranche. Sie muss im Falle von Naturkatastrophen oder Extremwettern in kurzen Zeiträumen mit einer hohen Anzahl an Schadensmeldungen umgehen. So beschädigten die Hagelstürme Jörn und Klaus 2019 in nur 3 Tagen 115.000 kaskoversicherte Fahrzeuge. Und während 2020 zwar die Gesamtschadenssumme bei Stürmen vergleichsweise gering war, verursachte allein Sturm Sabine 540.000 versicherte Schäden in Höhe von 675 Millionen Euro. Solche Peaks bei den Schadensmeldungen zwingen die Versicherer nicht nur zur Anpassung ihrer Versicherungsmodelle, sondern machen auch eine Neujustierung von Krisenmanagement und -kommunikation notwendig.
Extremwetter erhöhen das Serviceaufkommen von Versicherern
Die Absicherung der eigenen Geschäftsabläufe im Falle von Service-Peaks gewährleisten Versicherer durch einen sogenannten Kumulplan. Dieser gibt vor, auf welche Weise im Falle von Service-Peaks durch Extremwetter und Katastrophenfälle Personalverteilung und Prozessabläufe so umzustellen sind, dass der Kundenservice bestmöglich aufrechterhalten werden kann. In kurzer Zeit müssen dann möglichst viele Schadensmeldungen aufgenommen werden. Gerade in solchen Krisenszenarien kommt es für Versicherungen darauf an, ihr Kundenversprechen schneller und unkomplizierter Hilfe einzulösen.
Es entsteht ein Zielkonflikt zwischen Kostensenkung und gesteigerten Kundenerwartungen an den Service
Hierbei geraten die Versicherungen unweigerlich in einen Zielkonflikt. Auf der einen Seite möchte man den Kundenerwartungen an einen zeitgemäßen Service in der Schadensabwicklung gerecht werden, während andererseits bei notwendigen Kostensenkungen in der Versicherungsbranche gerade Personalkosten als größte Einzelposition eine zentrale Rolle spielen. Zu den allgemein gewachsenen Ansprüchen an die Kundenbetreuung, die möglichst individuell, lösungsorientiert und 24/7 verfügbar sein soll, kommt im Katastrophenfall die besondere Herausforderung einer angemessenen Krisenkommunikation hinzu. Für Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen zusätzliche Ressourcen vorzuhalten, erweist sich jedoch als kostenintensiv und durch das unregelmäßige Eintreten massenhafter Schadensereignisse als schwer planbar. Durch die Umverteilung der Personalressourcen im Notfall entstehen zudem Reibungskosten, die durch eine vorausschauende Steuerung zwar abgemildert, aber nicht vermieden werden können.
HOHE SUPPORTAUFKOMMEN DURCH INTELLIGENTE CHATBOTS MANAGEN
Um das langfristig höhere, aber in unregelmäßigen Peaks auftretende Serviceaufkommen effizient zu managen, braucht es eine technische Lösung, die im Ernstfall ihren Wirkungsgrad erweitern kann, ohne dass hierzu eine allzu große Umstrukturierung von Prozessabläufen oder eine Umschichtung von Personalressourcen notwendig ist. Eine solche Lösung steht mit intelligenten Chatbots zur Verfügung. Bei Schadensmeldungen handelt es sich in vielen Segmenten um standardisierte, für jeden Schadenfall gleichbleibende Informationen, die zur Prüfung benötigt werden. Für die weitere Verarbeitung kommt es darauf an, die NutzerInnen durch eine intelligente Dialogführung dabei anzuleiten, die für die Schadensprüfung relevanten Daten in strukturierter Form in eine Eingabemaske einzugeben. Das sind Funktionen, die prädestiniert sind für die Automatisierung durch einen Chatbot.
Chatbots sind prädestiniert für die Verarbeitung von Meldungen in homogenen Schadenssegmenten
So kann dieser im Falle von Wetterereignissen wie Hagelstürmen oder Starkregen über eine auf der Supportseite der Versicherung eingerichtete Landingpage erreicht werden, wo er den KundInnen als erster Ansprechpartner zur Verfügung steht. Das macht es möglich, vor allem einen Großteil standardisierter Schadensmeldungen auf Anhieb entgegenzunehmen. Dies führt zu einer Entlastung der MitarbeiterInnen sowohl vor Ort als auch in den Zentralen, wo jetzt die Kapazitäten zur Verfügung stehen, welche zur Bearbeitung von komplexeren Schadensfällen benötigt werden. Ein Chatbot vermittelt dem Kunden als digitaler Schadensassistent in einem hohen Grad nicht nur das Gefühl, dass seine Versicherung für ihn erreichbar ist, wenn es darauf ankommt, sondern auch, dass seine Anliegen aufgenommen und bearbeitet werden. Auf dem Weg zum vollautomatisierten Schadensmanagement können drei Entwicklungsstufen unterschieden werden.
EINEN CHATBOT FÜR DAS SCHADENSMANAGEMENT IN 3 STUFEN ENTWICKELN
Ein Instrument für das Management einer hohen Anzahl an Supportanfragen bietet bereits die 1. Stufe eines Schadensassistenten. Die Aufnahme der Schadensdaten erfolgt hier über ein Formular, auf welches aus dem Chatdialog heraus verlinkt wird. Diese Form der Schadensaufnahme findet man schon relativ häufig bei Versicherungen, die einen Chatbot auf ihrer Website oder im Kundenportal integriert haben. Als klarer Vorteil dieser Variante erweist sich die einfache Umsetzbarkeit, da der Chatbot selbst weder lesenden noch schreibenden Zugriff auf die Datenbanken der Versicherung benötigt.
Eine 2. Stufe der Schadensregulation mittels eines Chatbots erlaubt es dem Kunden, die Schadensmeldung direkt innerhalb des Chat-Dialogs zu machen. Hier findet der Kanalwechsel entweder im Hintergrund statt, indem die Daten der Schadensmeldung als E-Mail an einen menschlichen Bearbeiter weitergeleitet werden oder es existiert eine Schnittstelle zur internen Versicherungssoftware und -Datenbank. Mit letzterem ist der erste Schritt in Richtung einer vollautomatisierten Schadensregulation getan.
Ein ausgereifter digitaler Assistent im Schadensmanagement ist auf einer 3. Stufe in der Lage, bestimmte Schadenssegmente vollautomatisiert zu prüfen und dem Kunden unmittelbar ein Prüfergebnis auszuspielen. Abhängig von diesem Prüfergebnis wird der Kunde darüber informiert, ob bereits eine Auszahlung des Schadensaugleichs veranlasst wurde, ob der Fall an einen menschlichen Bearbeiter weitergeleitet werden muss oder ob eventuell weitere Informationen benötigt werden. Das setzt wiederum eine relativ entwickelte Systemintegration und fortgeschrittene Digitalisierungsprozesse auf Seite des Versicherungsunternehmens voraus, die dem Chatbot lesenden und schreibenden Zugriff auf Vertrags- und Versicherungsdaten sowie die ermittelten Prüfergebnisse ermöglichen.
Vollautomatisierte Schadensregulation durch Chatbots setzt fortgeschrittene Digitalisierungsprozesse bei den Versicherungen voraus
Durch diese Unterteilung in verschiedene Ausbaustufen kann die Bot-Entwicklung an den Digitalisierungsgrad desjenigen Unternehmens angepasst werden, in dem er eingesetzt werden soll. So nimmt der Chatbot auf Stufe 1 und 2 etwa im Bereich von Service-Peaks oder homogenen Schadenssegmenten bereits erhebliche Last von MitarbeiterInnen und Prozessabläufen, während sich parallel dazu ein zunehmender Ausbau der Dateninfrastruktur der Unternehmen auf Stufe 3 in einen erweiterten Funktionsumfang des Chatbots umsetzen lässt.
Von der Aufnahme der Schadensmeldung über die Mitteilung des Ergebnisses der Schadensprüfung bis zur Meldung der Auszahlung an den Kunden: Chatbots können die Prozesse der Kundenkommunikation im Schadensmanagement umfassend abbilden. Dadurch entlasten sie besonders in Krisensituationen mit hohem Serviceaufkommen nicht nur die Beschäftigten, sondern vermitteln den Kunden die bestmögliche Erfahrung im direkten Kontakt mit ihrer Versicherung.
Sie interessieren sich für die Einsatzmöglichkeiten eines Chatbots im Versicherungsbereich? Dann kommen Sie gern auf uns zu. Wir vereinbaren gern einen Termin für eine Demo mit Ihnen.
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